Im Training zählen Kniebeugen zu den beliebtesten Übungen – egal ob im Bereich Rehabilitation, Fitnesssport und auch im Leistungssport. Und sie sorgt laufend für Gesprächsstoff was die korrekte Übungsausführung anbetrifft. Es halten sich viele Gerüchte über Ausführungsfehler dieser unglaublich effektiven Übung. Nachfolgend möchte ich aufklären, wie du die Kniebeuge korrekt durchführst, um Verletzungen zu vermeiden und die besten Anpassungen zu erreichen.
Kniebeugen – die Königsübung des Krafttrainings
Diesen Namen trägt sie zu Recht, denn kaum eine andere Übung trainiert deinen Körper so umfassend wie die Kniebeuge. Mit einer sauberen Kniebeuge fordert man über 400 Muskeln. Variabel einsetzbar, um Muskeln aufzubauen, Bewegungsabläufe zu üben und Muskelschlingen zu aktivieren.
Freie Kniebeugen immer bevorzugen
In den vergangenen Jahrzehnten wurden zahlreiche Maschinen und Geräte zur optimalen Beinkräftigung entwickelt. Allein die Beinpresse gibt es in verschiedenen Varianten: Sitzend, Liegend, 45°-Winkel, Fuß- oder Rückenlehne können bewegt werden. Die Gemeinsamkeit der Geräte liegt darin, dass sich die Beine frei bewegen können, der Rücken und das Becken im Sitz fixiert sind.
Großer Nachteil: Mithilfe der geführten Maschinen fehlen die wichtigen koordinativen Aspekte und das Zusammenwirken der Muskeln wird nur in der vorgegebenen Bewegungsachse trainiert. Doch eins darf man trotzdem nicht vergessen. Die Schlüsselrolle der beidbeinigen Kniebeuge. Dieser fällt die Aufgabe zu beim Aufbau der Kraft und der Muskelmasse.
Pflichtprogramm in der Sporttherapie: die Kniebeuge!
Die Kniebeuge ist aus präventiver Sicht, im Breitensport und im Leistungssport insbesondere durch ihre funktionelle Wirkung nicht wegzudenken und hoch genug wertzuschätzen. Die Kniebeuge stellt eine zentrale Übung dar, weil sich durch gewünschte Belastungen die Ergebnisse gut dokumentieren lassen. Das gilt für präventive und rehabilitierende Aspekte, wie für den Breiten- und Leistungssport. Alltägliche Handhabungen, die mit dem Älterwerden aus Kraftgründen schwerfallen, können mit dieser Übung trainiert und stabilisiert werden. Damit kann lange Zeit die persönliche Selbständigkeit gewahrt werden.
Dazu gehören immer wiederkehrende Tätigkeiten:
- das rückengerechte Heben und Senken von Lasten jeglicher Art
- das Hinsetzten oder Aufstehen
- das Treppensteigen
In einem Therapieprogramm bei Gelenkverletzungen im Bereich der Beine und der Hüfte ist das Einbauen einer freien Kniebeuge Pflicht! Man spricht bei dieser Übung von einer geschlossenen kinetischen Kette, da die Füße am Boden fixiert sind.
Geschlossene kinetische Ketten haben den enormen Vorteil, den ganzen Körper zu trainieren. Sie verbessern die intermuskuläre Koordination, da mehrere Muskelgruppen, oft sogar der gesamte Körper, angesteuert werden. In der sporttherapeutischen Betrachtung von Verletzungen der Kreuzbänder im Knie spielt das eine bedeutende Rolle. Hier wirken im Vergleich zu Übungen in der offenen kinetischen Kette, wie z. B. in Beinstreckmaschinen, wesentlich geringere Scherkräfte.
Leistungsverbesserung durch Kniebeugen
Wenn du in deinem Training Leistungssteigerungen erzielen möchtest in Verbindung mit einem ergänzenden Krafttraining, lassen sich viele Bewegungsmuster feststellen, die durch die Kniebeuge gut trainiert bzw. unterstützt werden können. Das liegt daran, dass mit der Kniebeuge, Beuge- und Streckmuskeln im Rumpf allgemein und den unteren Extremitäten aktiviert und trainiert werden.
Darum kann die Kniebeuge zu Recht als Ganzkörperübung bezeichnet werden. Man kommt so mit der alltäglichen Kniebeuge im Bewegungsablauf viel näher an die meisten Zielbelastungen heran.
Viele sportliche Leistungen können durch die Kniebeuge positiv unterstützt werden, wie zum Beispiel
- Radfahren
- Laufen
- Sprints
- Vertikalsprünge (Basketball, Handball, etc.)
- Stabiler Stand in Ballsportarten
- u.v.m.
Bevorzuge die freie und tiefe Variante
In den alten Trainerausbildungen wurde immer die Empfehlung gelehrt, immer noch die sogenannte halbe Kniebeuge als Methode durchzuführen, obwohl gerade diese Variante sehr viele Nachteile hat. Selbst heute noch beobachtet man bei Leistungssportlern häufig die halbe Kniebeuge. Hier wird das Knie nur bis zu einer Beugung von 90 Grad bewegt. Die Argumentation: eine Kniebeuge unter 90° wäre belastender für das Knie. Doch in Wahrheit verhält es sich genau umgekehrt: die tiefe Variante, bei der das Hüftgelenk knapp unterhalb des Kniegelenks geführt wird, ist wesentlich weniger belastend ist als die halbe Ausführung. Und zwar deshalb, weil der Anpressdruck der Kniescheibe bei 90 Grad den größten Wirkungskreis hat und bei Winkeln unter 90° wieder abnimmt. Zudem wirkt sich das größte Drehmoment im rechten Winkel auf das Knie aus.
Das bedeutet bei einer tiefen Kniebeuge überwinde ich mit einem niedrigeren Gewicht den gefährlichen Punkt des größten Drehmoments und des höchsten Anpressdruckes im Gegensatz zur halben Kniebeuge. Das müssen wir natürlich in der Umkehrung genauso betrachten. Somit kann die tiefe Kniebeuge als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden, wenn diese korrekt ausgeführt wird.
Knie über Fußspitzen, ja oder nein?
Auch ein immerwährendes Thema, das in der Sport- und Fitnesswelt diskutiert wird, ist die Aussage, dass die Knie niemals die Fußspitzen überschreiten sollten. Der Ursprung kommt aus dem Bereich Sporttherapie, bei physiotherapeutischen Arbeiten mit Patienten, die Knieschäden aufweisen. Zur Erklärung: Wenn die Knie die Fußspitzen überschreiten, steigt der Anpressdruck der Kniescheiben etwas an. Hat jemand ein vorgeschädigtes Knie ist das eine wichtige Information.
Bei einem gesunden Sportler verschiebt sich das Bild etwas, schaut und misst man, was bei den beiden Ausführungsversionen wirklich passiert. Wissenschaftler haben die beiden Varianten verglichen: einmal mit Knie über Fußspitzen und einmal mit einer senkrechten Platte als Hinderung, sodass das Knie den Scheitelpunkt nicht überschreiten konnte.
Erkenntnis für einen gesunden Sportler: Bei beiden Versionen verschiebt sich einfach der Gelenkdruck im Knie. Wenn du mit deinen Knien nicht die Fußspitze überschreitest, nimmt der Anpressdruck im Knie zwar ab, doch im Gegenzug steigt dann der Gelenkinnendruck in der Hüfte stark an. Überschreiten deine Knie die Fußspitze, wird die Hüfte entlastet, dafür steigt dann der Druck im Knie etwas an.
Fazit: Keine der beiden Varianten ist für gesunde Sportler schädlich. Empfehlenswert, aus trainingswissenschaftlicher Perspektive, ist die Variante, bei der du deine Knie über die Fußspitzen überragen lässt, da hier die Beinstreckmuskulatur im Oberschenkel stärker belastet wird. Und das ist die Muskulatur, auf der wir bei den meisten Sportarten den Fokus richten.