Knieschmerzen wie sie entstehen

Knieschmerzen Teil 2: Wie sie entstehen

In Teil 1 dieses Themas haben wir uns mit Gesäßmuskulatur als Ursache für Knieprobleme und mögliche Bewegungsmuster befasst.

Die Hüftmuskulatur als mögliche Einflussgröße von Kniebeschwerden

Insbesondere wirkt sich auch die Hüftmechanik auf die Beinachse aus. Deshalb sollte man immer die komplette Bewegung analysieren, insbesondere die Wirkung der Gesäßmuskulatur.

Zum anderen gibt es das Phänomen der synergistischen Dominanz bei der Hüftabduktion/-Außenrotation. Die Aufgabe der Gesäßmuskulatur (oben beschrieben) und des Tensor Fascia Latae (TFL); dessen Funktion sind Beugung, Innenrotation und Abduktion des Oberschenkels am Hüftgelenk; Stabilisierung des Hüftgelenks; Außenrotation des Unterschenkels am Kniegelenk über das Iliotibialband (ITB). Eine Überdominanz von TFL und ITB kann zu einer Einschränkung oder mangelnden Aktivität der Gesäßmuskeln führen.

Ein inaktiver Gesäßmuskel ist auch der Hauptgrund für ein verhärtetes ITB, das dann wiederum, aufgrund seiner Verbindung mit der TFL, für Knieschmerzen sorgt. Ein übermäßig starker Zug auf TFL und ITB führt zu Außenrotation des Schienbeines, was wiederum extreme Rotationsbelastungen auf das Knie bewirkt.

Knieschmerzen, eine Ursache von gestörter Biomechanik

Warum ist die Gesäßmuskulatur besser geeignet ist, die Hüfte zu kontrollieren und zu bewegen, als die hintere Oberschenkelmuskulatur beziehungsweise die Tensor Fascia Latae (TFL)? Der Gluteus geht nur durch ein Gelenk, während die ischiocrurale Muskulatur (Muskulatur an der Oberschenkelrückseite) und die TFL zwei Gelenke kreuzen. Darum sollte es wichtig sein, dass Muskeln zum Einsatz kommen, die Bewegungen kontrolliert und präzise auszuführen, die so nahe wie möglich am Ende des Knochens ansetzen.

Hier ist die Gesäßmuskulatur in deutlich besserer Position, um die Bewegung des Oberschenkelknochens zu kontrollieren. Die Muskulatur an der Oberschenkelrückseite und die TFL sind lange Muskeln, die zudem weiter am Knochen ansetzen und demnach keine präzise Kontrolle ausüben können.

Wie aber kann die Gesäßmuskulatur ihre Dominanz verlieren, wenn es ihre Hauptaufgabe ist, von der Hüfte aus die Oberschenkelknocken zu kontrollieren?

Viel hat es damit zu tun, wie die/der Sportler:in trainiert. Beobachtet man Sportler auf der Trainingsfläche wie sie den Unterkörper trainieren, so sieht man das vorwiegend vordere, hintere Oberschenkelmuskulatur und die Wade trainiert wird. Absolvieren sie dann Übungen speziell für die Gesäßmuskulatur, wie Kniebeugen, dann werden diese dann mit einer Biomechanik aus, die die Gesäßmuskulatur in eine ungünstige Ausgangsposition versetzt. Bei Beobachtung der Sportler, die unter chronischen Kniebeschwerden leiden, zeigt es sich dabei immer wieder, dass die gleichen Bewegungsabläufe durchgeführt werden.

Sehen die Bewegungsabläufe so aus, dass die hintere Oberschenkelmuskulatur die Aufgaben der Gesäßmuskulatur als „Zugmaschine“ übernehmen, dann kommt es zu Überlastungserscheinungen.

Kniebeugen als Ursache von Knieschmerzen. Warum ist das so?

Durch die Beeinträchtigung der Gesäßmuskulatur in ihrer Funktion. Es kommt zu einem unausgeglichenen Hüft- und Knierhythmus. Es liegt eine übermäßige Streckung und Beugung aus dem Kniegelenk heraus vor mit einer gleichzeitigen Limitierung des Bewegungsumfang aus der Hüfte heraus.

Beobachtung zum Ablauf: Die Sportlerin schiebt die Knie weit nach vorn, meistens über die Fuβspitzen hinaus. Damit setzt man den Quadrizeps (ein aus vier Muskelköpfen bestehender Skelettmuskel auf der der Vorderseite des Oberschenkels) und die Patellasehne extrem hohen Kräften aus. Zudem tritt eine Adduktion und Innenrotation des Oberschenkelknochens ein, was den gesamten Gesäßmuskel noch weiter längt.

Hiermit erfolgt eine Einschränkung der Hüftmobilität. Folge: Die Gesäßmuskulatur wird deaktiviert. Wenn die Gesäßmuskulatur nicht ihrer Funktion als „Zugmaschine“ der Hüfte nachkommt, kollabiert mechanisch gesehen der Oberschenkelknochen. Innenrotation und Adduktion überlasten die überdominanten Muskeln, wie den Tensor Fascia Latae (TFL), und verlängern die Gesäßmuskulatur.
Jeder Muskel, der extrem verlängert oder verkürzt ist, kann aber nicht optimal seinen Wirkungskreis gestalten. In diesem Fall ist es der hintere Teil des mittleren und des großen Gesäßmuskels, die den Oberschenkelknochen aufgrund ihrer Verlängerung und die dazugehörenden Oberschenkelmuskulatur die mehr effektiv kontrollieren können.

Es ist wichtig, Bewegungsabläufe neu zu lernen, um Knieschmerzen entgegenwirken.

Durch ungünstige Biomechanik verkümmert unsere Gesäßmuskulatur und damit bewegen wir uns also in einem Teufelskreis. Wenn Bewegungsabläufe so aussehen und sich anfühlen, dass die hinteren Aufgaben der Gesäßmuskeln als „Zugmaschinen“ fungieren, dann kommt es zu Überlastungserscheinungen. Die hintere Oberschenkelmuskulatur hat einen ungünstigen Ansatzpunkt, was zu Adduktion und Innenrotation des Oberschenkels führt. In Folge führt das zu einer weiteren Verlängerung des hinteren Anteils des mittleren Gesäßmuskels.

Der mittlere Gesäßmuskel kann aus der verlängerten Grundposition nun noch wenig seiner Aufgabe, der Kontrolle des Oberschenkelknochens nachkommen. Somit wirkt noch mehr Drehkraft auf das Knie. In Folge der ständigen nicht korrekten Bewegungsabläufe bedeuten dann, dass die einwirkenden Kräfte auf das Kniegelenk nicht verteilt werden, sondern führen folgenschwer zu einer extremen Belastung des Weichgewebes, insbesondere der Patellasehne.

Schlussanmerkung

Der Ort eines Schmerzens nicht gleich der Ursprung des Problems. Wer chronischen Knieschmerzen auf den Grund gehen möchte oder diese erst gar nicht erleiden möchte, muss sich die biomechanischen Zusammenhänge anschauen und Bewegungsabläufe neu erlernen, umwandeln oder direkt den richtigen Ansatz einsetzten.

Dafür müssen die richtigen Muskeln eingesetzt werden, die biomechanisch für die jeweilige Aufgabe als „Zugmaschine“ vorgesehen sind.